Eine Kritik von "Leimbacher-Mario":
Kalter Krieg... jeden Tag
"Loveless" durchzieht eine Eiseskälte, nicht nur durch das russische Wetter, die kein Wodka der Welt vertreiben könnte. Einen größeren Downer wird man dieses Jahr schwer finden. Ein Film den man sehen muss, den man höher kaum schätzen kann, den man jedoch nie mehr in seinem Leben wiedersehen will. Mit "Leviathan" hat der Ausnahmeregisseur vor ein paar Jahren schon den Golden Globe abgeräumt. Mit "Loveless" könnte er dieses Kunststück nächsten Monat mit dem Oscar toppen. Er schuf mit diesem unterkühlten, ultraharten und deprimierenden Drama über den Nächstenhass in Russland eine universelle Anklage gegen die fehlende Liebe auf dieser verlorenen Welt. Eine realistische Geschichte über eine gescheiterte Ehe, die einen sprachloser zurücklässt, als es der böseste Horrorfilm je könnte.
Ohne jemals wirklich Tempo aufzunehmen, setzt dieser atmosphärische Alptraum aus seelischem Eis, generationsübergreifender Lieblosigkeit und verlorenen Individuen immer wieder Nadelstiche, die einen tief verloren in Gedanken und Hoffnungslosigkeit aus dem Kino entlassen. Falls man eh schon nicht mehr den allzu positiven Glauben an die Welt und ihre Menschen hat, sollte man vielleicht sogar Abstand halten. Hoffnung findet man hier keine. Keinen Funken. Die muss man anschließend in sich selbst suchen und dafür sorgen, dass zumindest die eigene Welt und die geliebten Menschen niemals so erfrieren. Hasserfüllte Menschen, dysunktionale Familien, egoistische Beziehungen, apokalyptische Gesellschaft - "Loveless" ist ein schwarzes Loch. Vor allem wenn man gegenüber (emotionaler) Gewalt gegen Kinder empfindlich ist, und wer ist das nicht, bekommt man einige Bilder und Stimmungen nicht mehr aus dem Kopf, dem Bauch, dem Herzen. Pessimistisch & paralysierend. Mit einem offenen Ende, dass nicht anders kommen konnte und trotzdem noch schmerzt wie Hölle. Wunderschön und gegensätzlich zum grausamen Inhalt sind dagegen die erhabenen Bilder und Kamerafahrten, die selbst Tarkovsky nicht hätte besser erschaffen können.
Fazit: eine ganz bittere Pille, die selbst den größten Optimisten runterziehen kann. Das Abbild einer kalten Welt, die schon verloren scheint. "Loveless" ist das, was man von einem der größten lebenden russischen Regisseure erwartet: bockstarkes, wichtiges und emotional erbarmungsloses Kino. Ein Brett!