Eine Kritik von "Sauza":
Irgendwo in der menschenleeren kalifornischen Wüste: In seinem luxuriösen Bungalow trifft sich der erfolgreiche Geschäftsmann Richard (Kevin Janssens) mit seinen Freunden Stan (Vincent Colombe) und Dimitri (Guillaume Bouchède) zur alljährlichen Wüstenjagd. Richard, ein verheirateter Modellathlet hat sich das blonde Betthäschen Jen (Matilda Anna Ingrid Lutz) mitgebracht, mit der er die Zeit bis zum Eintreffen seiner Kameraden verbringt - welche sich sehr beeindruckt zeigen von den lasziven Tänzen der ebenso attraktiven wie naiven Jen. Als Richard am nächsten Morgen aus geschäftlichen Gründen das Trio einige Stunden allein läßt, nutzt Stan die vermeintlich günstige Gelegenheit und vergewaltigt Jen, während der übergewichtige Dimitri sich dafür entscheidet, nicht mitzumachen, aber auch nicht einzugreifen. Als Stan dem zurückgekehrten Richard die Geschichte beichtet, versucht dieser die Vergewaltigung herunterzuspielen, was die darüber empörte Jen zu einer überstürzten Flucht in die Wüste veranlasst. An einer Felskante von den drei Männern eingeholt, droht sie Richard mit einem Anruf bei dessen Ehefrau, worauf dieser sie nach kurzer Überlegung die Felsen hinunterstürzt: Aufgespießt auf einem Baum hängt sie reglos da, während sich die Männer Gedanken machen, wie sie ihre Spuren beseitigen können. Aber Jen ist nicht tot, sondern kann sich befreien und jagt nun fortan die drei Männer...
Hinter dem Allerweltstitel Revenge verbirgt sich das Debut der französischen Regisseurin Coralie Fargeat, der hier in bildgewaltigen Sequenzen vor der ebenso traumhaften wie mörderischen Wüstenkulisse einen Rape-and-Revenge-Thriller inszeniert, der nach vielversprechendem Beginn leider in eine vollkommen unrealistische Menschenjagd mit jederzeit vorhersehbarem Ende mündet: Die auf wundersame Weise geheilte Jen bringt nacheinander alle drei Männer zur Strecke. Auch die bemerkenswert ausgefeilten Kameraperspektiven, die auf einem angebissenen Apfel genauso wie auf einer angepinkelten Wüstenspinne oder einer blutbespritzten Ameise verharren, können mit zunehmender Filmdauer nicht mehr über die katastrophalen Logiklöcher hinwegtäuschen, in die auch der wohlwollendste Zuschauer förmlich hineinstürzt.
Da ist zum ersten das Herabfallen von Jen, den kein Mensch überleben kann, der gut 10 Meter abstürzt und von einem spitzen Ast "aufgefangen" (hier: durchbohrt) wird - ganz abgesehen davon, daß bei dieser Belastung schlicht das Rückgrat bricht. Nicht so bei der aufgespießten Jen, die nach einiger Zeit erwacht, den morschen Baum in Brand steckt, bis das Feuer auch ihren Ast verkohlt hat und dieser abbricht. Frei von Brandwunden oder gar einer Rauchgasvergiftung kann sie sich so gerade noch vor den zurückkehrenden Männern verstecken (ein tolles Timing). Aber Männer sind in diesem Frauenfilm entweder Schwächlinge oder Charakterschweine, und so schaffen es die motorisierten Verfolger nicht, die barfuss flüchtende und noch dazu eine Blutspur hinterlassende Jen zu finden. Mittlerweile ist es (ganz plötzlich) Nacht geworden, und die Verfolger teilen sich auf (vermutlich, weil man in der Dunkelheit alleine viiiiel besser suchen kann). Als Dimitri dann an einem Wasserloch im Scheinwerferlicht pinkeln muß, schleicht sich die (ganz zufällig) anwesende Jen von hinten heran (der sie immer noch durchbohrende Holzpflock stört sie dabei nicht) und sticht ihm sein eigenes Messer mal ins linke, mal ins rechte Auge (die Kamera nimmts da nicht so genau) - ist auch egal, denn Dimitri stirbt daran. Der am wenigsten Beteiligte ist also der Erste der dran glauben muß, was dramaturgisch sehr gut passt, denn wäre sie auf Anführer Richard gestossen und hätte diesen erledigt, wärs irgendwie nicht so spannend geworden, oder? Richtig sophisticated, dieser Drehbuch-Einfall...
Ok, bis dahin ists immer noch ein Thriller mit Logiklöchern, aber jetzt kommt der absolute Überhammer: Die Geburt einer Heldin! Jen nämlich, die ihren Äußerungen nach mit einem IQ knapp über Raumtemperatur gesegnet ist, zieht sich mit Gewehr und Rucksack des Toten in eine erstaunlich große bequeme Höhle zurück, wo sie so sicher ist, daß sie sich an einem weithin sichtbaren Feuerchen wärmt. Zu einer Dose Mexican Beer pfeift sie sich von Richard geklautes Peyote rein, was sie auf ganz tolle Gedanken bringt: Den Holzpflock mal eben aus dem Bauch gezogen, die leere Bierdose mit Messer angeschnitten und mit bloßen Fingern zerteilt (Schnittwunden gibts bei ihr ja nicht) spießt sie das rechteckige Aluminium auf und flambiert es - um es dann mit der bedruckten Seite auf ihre immer noch klaffende Wunde zu drücken. Ja, das ist Survival pur, mit heißem Blech lassen sich Wunden problemlos verschliessen, da sage noch einer, man könne nichts lernen im Kino... als sie dann wieder erwacht, hat sie nicht nur vollkommen neue Klamotten an (ein schwarzes Top etc.), dunkelbraune Haare (Peyote färbt offenbar im Schlaf) sondern auch eine fast tadellos verheilte Wunde am Bauch (die am Rücken sowieso) mitsamt einem Tattoo-ähnlichen Abdruck darüber: Das Bierlogo - einen Adler - und den Schriftzug Mexican Beer - aber nicht etwa in Spiegelschrift sondern richtig herum geschrieben! Für mich der Höhepunkt der Zuschauerverarschung, reinster Trash eben...
Solchermaßen verwandelt, geht der ehemals blonde Rambo-Lookalike nun auf die Jagd, mit Patronengurt und Gewehr im Anschlag. Zuschauer mit hellseherischen Fähigkeiten könnten erahnen, daß jetzt Stan an der Reihe ist... und richtig, Stan im Geländewagen ist schnell gefunden von unserer barfüssig durch die steinige Wüste hoppelnden Heroine, die ihn beim Sprit nachfüllen stellen kann. Und auch hier wendet sie wieder eine exquisite List an, auf die niemand sonst gekommen wäre: Sie schmeißt eine Taschenlampe an einen Felsen, was riesige Scherben hinterläßt, die doppelt so groß sind wie der Durchmesser der Taschenlampe... aber egal, Logik ist schon lange nicht mehr gefragt, und Stan latscht auch prompt rein und hat hinterher große Mühe, die Scherben aus seiner der Länge nach aufgeschlitzten Fußsohle herauszupuhlen... an dieser Stelle sei dann auch einmal der erstaunlich hohe Gore-Gehalt dieser Trash-Story angesprochen, der am Ende vom letzten Opfer Richard allerdings noch getoppt wird, da derselbe über etwa 100 Liter Blut in seinen Adern verfügt, die er schön im Luxus-Apartment verteilt. Hierbei lernen wir dann auch noch, daß sich weiblicher Voyeurismus kaum von männlichem unterscheidet, denn Richard kämpft seinen letzten (selbstverständlich vergeblichen) Kampf vollkommen nackt, während Jen sich kein einziges Mal hüllenlos zeigt.
Dieser ganze Klamauk mit seinen völlig unglaubwürdigen Wendungen, von denen ich hier nur die gravierendsten, taxativ aber noch nicht einmal die Hälfte davon angesprochen habe, hinterläßt sehr zwiespältige Gefühle: Einerseits ist dieser drehbuchtechnische Schwachsinn um drei strunzdumme Charaktäre (Richard einmal ausgenommen), von denen kein einziger zum mitfiebern einlädt, kaum ernst zu nehmen, andererseits ist die Location an sich und die hervorragende Kameraarbeit durchaus einen zweiten Blick wert... allein für letztere vergebe ich die 4 Punkte.