Eine Kritik von "Leimbacher-Mario":
Bitter Lemon Tree
Umso höher man mit seinem „Schwarzer-Humor-Finger“ in Europa Richtung Norden wandert, desto tiefer wird das schwarz. Das ist ein Fakt, den „Under the Tree“ aus Island (!) fett unterstreicht. Hier eskaliert ein Nachbarschaftsstreit bitterböse - und dabei fing eigentlich alles nur mit einem Baum an, der ein klein wenig Sonne von der Terrasse des einen nahm...
„Under the Tree“ ist, obwohl man das Thema schon oft, auch gar nicht mal so unähnlich gesehen hat, ein echtes Unikum. Auf Grund seines isländischen Flairs, auf Grund seiner straighten Art, auf Grund seiner heftigen Weise die Dinge zu Ende zu spielen. Wie eine wilde, clevere und knackige Mixtur aus Lynch, Bergmann, Tarantino und Anders Thomas Jensen. Pfiffig geschrieben, konsequent gespielt, elegant inszeniert, richtig böse durchgezogen. Wie gesagt, das Setting eskalierender Nachbarschaftsstreitigkeiten ist kein neues. Dass es selbst im friedlichen Island unter der Oberfläche brodelt, weiß man nicht erst seit dem Eyjafjallajökull. Aber so hat man es selten gesehen. Das Ding ist fies, fein, frivol und frech. Ein Snack, der schmeckt. Und dass die Spirale so weit geht, damit rechnet man nicht unbedingt. Funktioniert sicher zu Hause genauso gut wie im Kino und wird eben dort über die kommenden Jahre sicher auch noch etliche Fans finden. Denn egal wie müde man ist - „Undir trenu“ ist eine eskapistische Eskalationseruption eines eiskalten Eilands. Da hätte selbst der berühmte Maschendrahtzaun nichts gebracht...
Fazit: ein isländischer Cocktail aus brodelnder Nachbarschaftsparanoia, gesellschaftlichem Konkurrenzkampf und kriselnden Ehen. Voller schwarzem, trockenem Humor, bei dem selbst die Briten meist brutal schlucken müssten. Sicher einer der Tiefflieger auf dem Topfilmradar des Jahres. Wenn auch eher super unterhaltsam und kurzweilig als füllend und nachhaltig. Ein Augenzwinkern ohne Happy End und Gnade.