Eine Kritik von "Maichklang":
Anzeichen von Demenz dürften beim nunmehr 88 Jahre alten Urgestein Clint Eastwood noch nicht vorzufinden sein, wohl aber Tendenzen in Richtung Altersstarrsinn.
Einmal mehr dreht er einen Film über amerikanische Helden, denen man nur früh genug eine Waffe in die Hand drücken muss, um sich irgendwann im Leben beweisen zu können.
Am 21.August 2015 verhindern die drei amerikanischen Freunde Spencer Stone, Alek Skarlatos und Anthony Sadler einen Terroranschlag im Schnellzug von Amsterdam nach Paris, bei dem das Leben von über 500 Passagieren auf dem Spiel stand…
…was allerdings nur einen sehr geringen Teil der Handlung ausmacht. Denn ein Großteil der Erzählung beschäftigt sich mit den drei Freunden im Grundschulalter. Wie sie schon früh einen Hang zu Waffen und Kriegsspielen entwickeln, während Spencer Jahre später hart daran arbeitet, bei der Air Force zu landen. Diverse Umzüge beeinträchtigen den Zusammenhalt der drei nicht und man entwickelt immerhin ein wenig Sympathie für die Außenseiter.
Die mutige und konsequente Herangehensweise ist, die drei Hauptfiguren im Erwachsenenalter von den realen Helden verkörpern zu lassen. Natürlich sind alle drei Laiendarsteller, doch dafür kommen sie recht natürlich rüber, speziell das Zusammenspiel zwischen Stone und Sadler wirkt authentisch.
Nur leider haftet den biografischen Stationen keine Dynamik an. Man berichtet über Oberflächlichkeiten von Durchschnittstypen, die bis zur Vereitelung des Anschlags nicht viel über sich zu erzählen haben, was beim Europatrip schließlich zur belanglosen Sightseeingtour mutiert. Rom, Venedig, Frankreich und Amsterdam werden schnipselartig wie von Hobbyfilmern abgeklappert, bezeichnenderweise muss in Deutschland die Standortfrage des Führerbunkers erörtert werden, während eine Speisekarte offenbart, dass gar nicht in Deutschland gedreht wurde, es sei denn es gibt irgendwo „Linsen Eintopf mit Erbsen“.
Die Ereignisse im Zug sind wiederum recht packend gefilmt und auch die anschließenden Worte des ehemaligen französischen Präsidenten Hollande wissen nachdenklich zu stimmen.
Allerdings erfährt man rein gar nichts über den Attentäter, dessen Beweggründe oder gar Vorbereitungen komplett ausgeklammert werden.
Zweifelsohne gebührt den jungen Menschen mit Zivilcourage Respekt, doch das Drumherum ist gelinde gesagt banal bis belanglos, wodurch sich kein allzu doller Unterhaltungswert ergibt.
Eastwood setzt bei seiner Erzählung merkwürdige Schwerpunkte, mäandert mit Kindheitserlebnissen und Europareise uninspiriert vor sich hin, um final für zehn Minuten Spannung zu erzeugen. Statt Nervenkitzel gibt es Flirt, Eis essen und Clubbesuch, mit mehr Nichtigkeiten denn Tiefgang.
4,5 von 10