Eine Kritik von "Vince":
kurz angerissen*
Wenn Marvel der dicke SUV ist, der mühelos durch die Rush Hour gleitet, dann sind andere "Universen-Macher" wie Warner oder Universal vermutlich die Skateboardfahrer, die sich wie lästige Fliegen ans Heck klammern und fieberhaft nach einem autonomen Antrieb suchen, um mit eigener Kraft ans Ziel zu gelangen. Dabei wiederholen sie beharrlich den eklatanten Fehler, mit jeder ihrer Produktionen gleich auf die nächste zu schielen, so dass im Rückblick auf die bisherigen Resultate Konzept- und Lieblosigkeit das Bild bestimmt. Denn es sind offensichtlich nicht die Filme selbst, die bei ihnen im Zentrum stehen, sondern der abstrakte Wunsch nach einem bombastischen Konstrukt, ob das Fundament nun stabil ist oder nicht.
Wer sich also noch wundert, weshalb Marvels "Black Panther" trotz seiner Mittelmäßigkeit dermaßen erfolgreich wurde, der sollte sich den oben geschilderten Sachverhalt noch einmal vor Augen führen. Denn auch wenn das mit Kitsch und Pathos aufgeblasene Fantasy-Abenteuer als Superheldenfilm über weite Strecken enttäuscht, so bleibt das Studio doch mit voller Konzentration beim Thema - und das, wo der ultimative Clash der Superhelden mit "Avengers: Infinity War" unmittelbar bevorstand und wahrlich allen Grund geliefert hätte, die Ereignisse um das fiktive Wakanda zur Fußnote zu degradieren.
Nein, globale Belange rund um Thanos und seine weltzerstörende Macht werden zwar elegant vorbereitet, aber doch mit Bestimmtheit aus dem Fokus geschoben, auf dass ein völlig von sich selbst überzeugtes, vor Stolz regelrecht platzendes Abbild der afroamerikanischen Bevölkerung installiert werden kann. Zum Auftakt geht es gar in die frühen 90er auf einen Straßen-Basketballplatz. Getränkekisten dienen als Körbe, Old-School-Hip-Hop tönt aus Ghettoblastern und beinahe meint man, Michael Jordan und die Looney Tunes im Hintergrund ihr eigenes Spiel austragen zu sehen (erst recht, als plötzlich ein Raumschiff durch die grauen Wolken in den Himmel fliegt). Der Enthusiasmus für eine so wichtige US-amerikanische Subkultur ist regelrecht greifbar, wird dann allerdings auch durch die starken Bezüge auf die afrikanischen Wurzeln in heftige Klischees überführt. Diese spiegeln sich nicht nur in den Kostümen der Darsteller, sondern weit ins Artdesign des Filmes. Es ist aber trotz der Reduzierung auf solche Klischees verständlich, dass das afroamerikanische Publikum bereit ist, einem solchen Film Unterstützung zuzusichern. Immerhin ist es selten, dass sich Hollywood bereiterklärt, schwarze Kultur als vollwertiges Zugelement zu akzeptieren.
Da wird die Qualität der Villains, des Helden, seiner Gefolgschaft und deren Konflikte fast zur Nebensache. "Black Panther" erfüllt die Erwartungen zumindest dahingehend, dass er schillernd bunt und flott geworden ist. Kaum ein Marvel-Film war der Fantasy-Bildsprache je näher; unsichtbare Kuppeln, hinter denen sich eine hochmoderne Stadt voller Kulturrelikte verbirgt und denen man sich im Flugmodus aus der Vogelperspektive nähert, das weckt Erinnerungen an alte Jules-Verne-Abenteuer, in denen unentdeckte Welten erkundet wurden. Audiovisuell werden also Punkte eingefahren, die im Drehbuch verloren gehen. Das macht sich hauptsächlich dadurch angreifbar, dass es fast schon aggressiv auf Werte pocht, die in der amerikanischen Filmkultur sicherlich unterrepräsentiert sind, hier jedoch mit Gewalt auf links gedreht werden. Ein Martin Freeman alleine ist nicht genug, um ein Gleichgewicht herzustellen, wie es eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Aber wieder hat Marvel bewiesen: Wenn man auf die eigenen Stärken vertraut, spürt das Publikum es und ist auch bereit, dies entsprechend zu belohnen. Auch wenn es an den Kassen nicht immer die richtigen Entscheidungen trifft: lieber ein heißblütiger Film wie dieser als das halbgare Stückwerk der Konkurrenz, auch wenn das zur Schau gestellte Herzblut des Panthers und der Bevölkerung Wakandas synthetisch hergestellt wurde.
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