Eine Kritik von "Maichklang":
Solange der Rubel rollt und die Produzenten um James Wan den Kosmos von „Conjuring“ mit simplen Mitteln erweitern können, wird man in absehbarer Zeit kaum mehr spukende Puppen, geisternde Nonnen oder sonstige Spukobjekte voneinander unterscheiden können. Dieses Los ereilt nun bereits Regiedebütant Michael Chaves, der einfach mal auf bewährte Art eine mexikanische Horrorlegende in die Runde wirft.
LA, 1973: Sozialarbeiterin Anna (Linda Cardellini) bringt zwei Kinder vor ihrer scheinbar geistig verwirrten Mutter in Sicherheit, doch kurz darauf werden die beiden ertrunken aus dem Fluss gefischt. Doch was hat es mit dem Mythos der weinenden Geisterlegende auf sich, welche offenbar von Annas Sprösslingen Besitz ergreift?...
Die Exposition anno 1673 deutet bereits das Schicksal der Titelgebenden an, die aus Eifersucht erst ihre Kinder ertränkt, um sich danach selbst in die Fluten zu stürzen. Warum „La Llorona“ nach 300 Jahren zurückkehrt und in LA ihr Unwesen treibt, wird erst gar nicht vertieft. Genauso wenig wie das Familientrauma eines verstorbenen Familienvaters, an dem die drei Beteiligten zunächst noch ein wenig zu knabbern haben.
Denn allzu viele Figuren sind hier nicht involviert und die dazugehörigen Charakterzeichnungen fallen reichlich schablonenhaft aus.
Zudem hat man sich bei der Ausstattung keine sonderliche Mühe gegeben. Weder Kleidung, noch die Frisuren stehen stellvertretend für die Zeit der Siebziger, entsprechende Musik fließt erst gar nicht ein. Die Geistererscheinung fällt indes eher zeitlos, allerdings auch unspektakulär aus: Weißes, arg abgetragenes Kleid, Tüll über dem Kopf und in zwei, drei Szenen gelb leuchtende Klüsen, dazu bleiche, lange Finger. Ein gängiges Objekt aus der Geisterbahn ohne prägnante Merkmale.
Gleiches gilt für die überschaubare Anzahl an Jump-Scares, die wenig subtil daher kommen und zuweilen ein vorhersehbares Timing aufweisen. Eine kurze Erscheinung unterm Regenschirm fällt noch halbwegs kreativ aus, doch plötzliche Windstöße an Fenstern und Türen und sich von selbst bewegende Gegenstände erzeugen eher ein müdes Achselzucken denn mitreißende Momente. Allenfalls ein paar tanzende Eier sind in Anwesenheit eines Gurus kurz vor Showdown erwähnenswert.
Obgleich sich die Darsteller, einschließlich der Jungmimen wacker schlagen und die Kamera meistens auf optimaler Höhe agiert und mit einer Handvoll gut durchdachter Perspektiven aufwartet, birgt das Debüt von Michael Chaves keine Neuheiten, kaum kreative Einfälle oder gar atmosphärische Highlights. Phasenweise zwar nicht unspannend, doch unterm Strich dermaßen austauschbar und unaufgeregt konzipiert, dass selbst Genreliebhaber bedenkenlos Abstand nehmen können.
4 von 10