Eine Kritik von "Maichklang":
Anno 1982 war es ein Glückstreffer, Sylvester Stallone für die Rolle des Vietnamveteranen zu gewinnen. Der mittlerweile 73jährige, der sich jüngst in den Sozialen Medien mit ungefärbten, beinahe weißen Haaren vergleichsweise natürlich präsentierte, bringt seit jeher diese erschlagende Physis mit, gleichermaßen die oftmals traurig dreinblickenden Augen, welche gar keinen Rückblick vom Vietnamkrieg benötigen, um ihm das volle Pfund eines Kriegstraumas abzunehmen.
Mittlerweile hat sich John James Rambo (Sylvester Stallone) auf einer Farm in Arizona niedergelassen, um Pferde zu züchten. Er lebt hier mit seiner Haushälterin Maria und deren Enkelin Gabriella (Yvette Monreal). Letztere zieht es für einen Trip nach Mexiko, um dort ihren leiblichen Vater zu konfrontieren, doch nach einem Clubbesuch landet sie in den Fängen eines Mädchenhändlerkartells. Rambo begibt sich umgehend auf die Suche nach dem Mädchen…
Damit man sieht, dass der Vietnamheld von einst nicht nur herumeiert, wird er zur Exposition in Richtung Schlechtwetterfront geschickt, um als Fährtenleser vermisste Wanderer vor Sturzbächen zu bewahren, was allerdings nur teilweise gelingt. Und weil Gabrielle beinahe als Tochterersatz durchgeht, lässt man sich kurz darauf ein wenig Zeit, das Verhältnis zur jungen Dame zu veranschaulichen, - schließlich muss für das anschließende Niederbrettern einiger Mexikaner ein wenig Racheherzblut fließen.
Sobald der alte Mann loslegt, um mit unbarmherzigen Methoden der Wahrheit ein Stück näher zu gelangen, kann man ihn auch schon mal kurzfristig dafür feiern, spätestens beim Hervorholen eines Schlüsselbeinknochens. Und da das unterirdische Tunnelsystem seiner Farm im Vorgeplänkel so dermaßen am Rande erwähnt wird, darf dieses zum finalen Gegenschlag eine ausgiebige Rolle spielen.
Das Treiben in den mexikanischen Slums ist nicht frei von Längen und die Bösewichte kommen zu keiner Zeit über Klischeeerscheinungen hinaus, doch das brachiale Finale hat es wieder ordentlich in sich.
Obgleich hier etwas zu häufig CGI eingesetzt werden, kommen mittels Durchbohrungen, tödlichen Einschüssen, Amputationen und Aufspießfallen einige Härten zum Vorschein und der Bodycount schnellt rasch in die Höhe. Die Guerilla-Taktik der One-Man-Army geht voll auf, während die präparierten Fallen der Reihe nach zuschnappen. Zuweilen fast schon ein wenig zu hektisch geschnitten, bereitet die blutige Variante von „Kevin – Allein zu Haus“ weitgehend diebische Freude.
Die simpel gestrickte Geschichte vermag diesbezüglich nicht mitzuhalten, zumal einige Dialoge recht oberflächlich ausfallen, während eine Helferin in Form von Paz Vega beinahe im Vorbeihuschen abgehandelt wird. Auch die Schauplätze verschaffen nicht allzu viel Abwechslung, obgleich die Farm recht hübsch gelegen ist und einen angemessenen Ruhepool für den innerlich immer noch rastlosen Traumatisierten verkörpert.
Die Stimme von Thomas Danneberg ist natürlich seit Jahrzehnten mit dem Gesicht von Stallone verankert, doch nach einer Weile gewöhnt man sich an die Stimme von Jürgen Prochnow und an die Tatsache, dass ein alternder Vietnamveteran nicht länger mit langen Loden herumläuft.
Natürlich ist vom Spirit des eigentlich friedlich gesinnten Heimkehrers nicht mehr viel übrig, so dass man es hier vielmehr mit einem Rachethriller alter Schule zu tun hat, bei dem Rambo zum tüftelnden Rächer mit schneller Reaktionsgabe mutiert. Das macht zwar über weite Strecken Freude, doch der Wucht des Vorgängers von 2008 hinkt er deutlich hinterher.
6,5 von 10