Eine Kritik von "iHaveCNit":
iHaveCNit: Ema (2020)
31.10.2020
Irgendwann wird man einfach mal überrascht, wenn man sich noch ganz spontan für einen Film entscheidet, den man nicht auf dem Schirm hatte. So ist es mir mit „Ema“ von Pablo Larrain ergangen, für den ich mich erst Anfang der Woche entschieden habe. Der chilenische Film mit Mariana Di Girolamo und Gael Garcia Bernal in den Hauptrollen hat einen Sog entwickelt, der mich regelrecht in den Film gezogen hat.
Die Tänzerin Ema und der Choreograf Gaston leben in einer kinderlosen Beziehung, doch vor einem Jahr haben sie sich zur Adoption des jungen Polo entschieden. Als es zu einem familiären Zwischenfall gekommen ist, entscheiden sie sich den jungen Polo wieder zurückzugeben, womit sich der gesellschaftliche Status der Beiden und auch die Beziehung darunter leidet. Ema zieht daraus Konsequenzen und schmiedet einen abgefahrenen Plan aus Feuer, Tanz und Sex, um wieder mit Polo in Kontakt zu kommen.
Auch wenn durchaus die Handlungen, die Motivation und auch der Charakter von der von Mariana Di Girolamo gespielten Ema moralisch und ethisch hinterfragt werden können und durchaus die ein oder andere Sympathie für ihren Charakter schwinden lassen, so ist die Präsenz dieser Hauptfigur und der Darstellerin unfassbar verführend und einnehmend. Dafür sorgt vor allem die Schauspielerin selbst, aber auch die Inszenierung mit zum Beispiel starren Kameras mit direktem Fokus auf das Gesicht während den Dialogen und eine sehr dynamische Inszenierung bei den Tanzsequenzen, die von einem starken Soundtrack unterlegt sind. Der Soundtrack selbst hat mir auch sehr gut gefallen, selbst wenn der hier eingebettete Reggeaton eigentlich gar nicht meine aktuell präferierte Richtung ist. In den Dialogen kommt vor allem sehr viel von der sehr disfunktionalen Beziehung zwischen ihr und Gaston und auch deren Persönlichkeit heraus. Neben den Dialogen und den großartigen Tanzsequenzen wird es auch sehr feurig und leidenschaftlich, wenn zum Beispiel immer mal wieder ein Flammenwerfer von Ema eingesetzt wird und auch es schon zu expliziten und sehr freizügigen erotischen Sequenzen kommt. Dabei gerät alles niemals nur zum eigentlichen Selbstzweck, sowohl Feuer, Tanz als auch Sex sind hier Ausdruck von Freiheit, Aufbegehren und auch Bewältigung von Problemen und Trauer – und das entwickelte bei mir einen Sog, der dem Film sehr gut getan hat.
„Ema“ - My First Look – 9/10 Punkte