Eine Kritik von "Leimbacher-Mario":
Der hübscheste aller grimmschen Alpträume
Oz Perkins, der Sohn von „Norman Bates“, hat bisher bereits zwei Gruselgeheimtipps abgeliefert, die viel mehr Menschen hätten sehen sollen. Nun liefert er unter dem orionschen Sternenbanner seine extrem hochwertige und optisch schlicht atemberaubende Version des berühmten grimmschen Märchens ab - doch ist hier der Glanzüberzug schon das Highlight oder hat sein „Gretel & Hansel“ auch noch etwas mehr zu sagen als nur: „Schaut her, wie hübsch ich bin!“ und „Gretel kann das genauso gut und darf auch mal vorne stehen!“... ?
„Gretel & Hansel“ ist ein Arthouse-Schauermärchen, das sicher nicht für die breite Masse gemacht ist und oft eher an eine Kunstinstallatur erinnert als an einen üblichen Film. Das kann und wird viele verärgern und abschrecken, gerade die Gelegenheitsgucker, die sich zu ihm verirren wie zu einem Knusperhäuschen. Obendrauf dann noch die feministische, auf Zunge und Stirn getragene Agenda - fertig ist ein ungewöhnlicher, moderner Horrorhappen, der momentan eigentlich nur viel mehr Hater als Liebhaber finden kann, der sich sicher erst im Laufe der Jahre Fans erobern wird. Hoffe ich zumindest, denn er hätte es verdient! Er erinnert an eine Mischung aus „The Witch“ und „Valhalla Rising“, er sieht fast schon zu gut aus für die Welt. Ein paganischer Alptraum von Wert, Wald und Wonne. Würde ich einen Film machen, mir wäre es egal, was der Kameramann kostet - der müsste es sein! Das Setdesign, die Beleuchtung, die Farben, der Sog, die unheimlichen Töne, die immer bezaubernde Sophia Lillis, eine durchaus creepy Witch - all das macht „Gretel & Hansel“ zu einer herausragenden Version seiner leicht gebeugten Geschichte. Zumindest an der Oberfläche. Denn darunter habe ich persönlich jetzt doch nicht viel mehr gefunden, als die obigen Ausrufe...
Fazit: audiovisuell + atmosphärisch uneinholbar und anbetungswürdig, eine echte Wohltat für Gruselconnaisseure und Arthousefreunde. Absolut nicht für den Mainstream. Eher Kunstwerk als Unterhaltung. Aber was für eins! Da verzeiht man der Geschichte und Erzählweise ihr Hinken und auf der Stelle treten, den aggressiv-feministischen Blickwinkel und das Fehlen vieler klassischer Schauer. Fast. Oz Perkins ist und bleibt aber ein massives Talent!