Eine Kritik von "Maichklang":
Emanzipation macht auch vor den Stoffen der Gebrüder Grimm nicht halt und weil alles politisch korrekt sein muss und der Genderwahnsinn Genugtuung erfahren soll, benennt Regisseur Oz Perkins das Märchen erstmal um. Ladies first.
Was folgt, ist Arthouse-Geschwurbel mit netten Bildern und wenig Inhalt.
Als Mutter sie nicht länger ernähren kann, werden die sechszehnjährige Gretel (Sophia Lillis) und ihr achtjähriger Bruder Hansel (Samuel Leakey) ihrem Schicksal überlassen. Über Umwege landen sie bei einer Kräuterhexe (Alice Krige), die über eine ähnliche Macht verfügt, wie die telekinetisch veranlagte Gretel…
Immerhin hat man die unrealistische Verkleidung eines Pfefferkuchenhauses außen vor gelassen, denn: Ein Regenschauer und nach einer Woche ist Schimmel an den Wänden.
Stattdessen gleicht das Hexenhaus einem Bunker, bei dem es durch die Fenster rot leuchtet, während es sterile Kellergewölbe gibt, deren Einstieg man nie sieht.
Eklatante Abweichungen zum Original sind indes rasch ausgemacht: Eine Vaterfigur kommt erst gar nicht vor, allerdings gibt es einen Dämon und einen Jäger. Brotkrumen braucht es auch nicht, - man will ja gar nicht zurück.
Obgleich der gutherzige Jäger ein üppiges Kaninchengericht spendiert, nagt kurz darauf erneut der Hunger an den Nimmersatten. Kurzerhand schieben sich die zwei Fliegenpilze rein und ab da nimmt die Erzählung bereits surrealistische Züge an, was im Verlauf einiges an Interpretationsfreiraum lässt. Während Gretel unnötigerweise im Off ihren Senf dazu gibt, dominieren unrealistisch geschwollene Dialoge das lahme Geschehen, welches ausschließlich von drei ebenso lahmen Charakteren bestritten wird.
Die Geduld des geneigten Betrachters wird über Gebühr strapaziert und während der ohnehin leicht nervige Hansel mehr und mehr in den Hintergrund tritt, kristallisiert sich ein stilles Duell der Hexen heraus. Der Showdown in Form der einzigen direkten Konfrontation hätte kaum plakativer und unaufgeregter ausfallen können.
Natürlich kann man ein Märchen progressiv angehen, Gretel mit Kurzhaarschnitt möglichst androgyn aussehen und in Form von Coming-of-Age auf die Rechte von Frauen pochen lassen.
Dann aber bitte mit Spannung und Emotionen und mehr als nur schick komponierten Bildern mit einschläferndem Synthie-Gewaber. Hübsche Szenenübergänge, passable Darstellerleistungen und eine versierte Kamera bringen nämlich wenig, wenn die diffusen Gedanken einer Heranwachsenden in Fantasyland merklich kalt lassen.
4 von 10