Eine Kritik von "McClane":
Zwischen „Bad Boys“ und seinem Sequel lagen schon stolze acht Jahre, bis zum dritten Teil, „Bad Boys for Life“, dauerte es stolze weitere 17 Lenze – man durfte also skeptisch ob der späten Fortsetzung sein, wenn man beispielsweise auf „Lethal Weapon“-Reihe schaut: Dort lagen zwischen dem ersten und dem letzten Teil nur elf Jahre und in der Zeit brachte man es auf vier Filme.
Intradiegetisch ist die Zeit auch nicht an den Detectives Mike Lowrey (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) vorbeigegangen. Mike ist zwar immer noch der Adrenalinjunkie, Marcus der Familienvater, beide sind immer noch Partner, doch Mike hat mit dem Ergrauen des Bartes zu kämpfen und Marcus ist nicht mehr ganz in Form (Lawrence erscheint im Film allerdings weniger hamsterbackig als der Trailer es befürchten ließ). So erweist sich die schnell geschnittene Raserei mit Polizeieskorte, mit welcher „Bad Boys for Life“ einsteigt, dann gar nicht als Einsatz, sondern als Fahrt zum Krankenhaus, wo Marcus‘ Tochter Megan (Bianca Bethune) gerade ihren Sohn zur Welt gebracht hat. Interessantes Detail für die Fans der Reihe: Megans Ehemann ist ihr Date aus Teil zwei, das dereinst von Mike und Marcus schikaniert wurde. Burnett-Ehefrau Theresa (Theresa Randle) ist natürlich auch wieder mit von der Partie.
Während Marcus sich nun mehr ins Familienleben zurückziehen will, denkt Mike gar nicht daran einen Gang runterzuschalten. In diesen Disput platzt allerdings ein Attentäter, der Mike auf offener Straße niederschießt. Im Krankenhaus schwört Marcus zu Gott, dass er der Gewalt entsagt, sollte Mike durchkommen. Tatsächlich wird sein Wunsch erfüllt, doch das verstärkt den Knatsch der Partner nur noch: Nach seiner Genesung will Mike den Schuldigen suchen, Marcus in den Ruhestand gehen und seinem Schwur treu bleiben, von dem er Mike allerdings nichts erzählt hat. Eine klassische Situation in einem Buddy-Cop-Sequel: Sind die Partner zu eingespielt, muss man für Reibereien sorgen, damit wieder für Buddy-Komik gesorgt ist.
Vorerst nervt Mike allerdings erst einmal Captain Howard (Joe Pantoliano) so lange, bis er als Berater der Spezialeinheit AMMO zugeteilt wird, die von seiner Ex-Freundin Rita (Paola Nuñez) geleitet wird, vor allem aus jüngeren Polizisten besteht und das Attentat auf Mike untersucht. Dabei stellt sich heraus, dass die Sache mit Mikes Vergangenheit zu tun hat – und dass er Marcus‘ Hilfe gebrauchen könnte…
Auch wenn Jerry Bruckheimer wieder als Produzent am Start ist und Originalregisseur Michael Bay den Ersatzmännern Adil El Arbi und Bilall Fallah seinen Segen erteilt, indem er in einer Hochzeitsszene als Entertainer auftritt – es stehen Veränderungen im Hause „Bad Boys“ an. Entgegen mancher Befürchtungen wird die Riege der Cop-Youngster nicht zu sehr in den Vordergrund gedrängt, gleichzeitig aber doch als tatkräftige Unterstützung für diesen Film und mögliche Sequels vorgestellt. Das klappt aber wesentlich organischer als ähnliche Versuche bei „The Expendables 3“ und der Film gehört immer noch Mike und Marcus, deren Altern allerdings thematisiert wird. Das hat seine guten und seine schlechten Seiten. Einerseits kann „Bad Boys for Life“ nicht mehr so tun als seien sie noch die Jungbullen aus dem ersten Teil und nutzt das Potential sowohl für ein paar gelungene Gags (Stichwort Bartfärberei) als auch für ein paar überraschend ernste Momente. In der Mitte gibt es sogar eine Szene, die man in dieser Drastik und Dramatik nicht in der sonst so lockeren „Bad Boys“-Franchise erwarten würde. Andrerseits kann „Bad Boys for Life“ sich angesichts seines Grundtons weniger überzeugend mit dem Altern beschäftigen als etwa die Expendables, „Stirb langsam 4.0“ oder das Spätwerk Clint Eastwoods – die Flapsigkeit der Comedy und der Ernst des fortschreitenden Lebens passen hier nicht immer gut zusammen.
Allerdings umgehen die neuen Regisseure und das Drehbuchteam aus Chris Bremmer, Joe Carnahan und Peter Craig dieses Problem, indem sie „Bad Boys for Life“ vor allem als amüsanten Nineties-Throwback anlegen. So gibt es musikalische Zitate aus den Vorgängern, das Einfliegen des Flugzeugs über den Miami-Schriftzug in der Auftaktszene von Teil 1 wird quasi gespiegelt, wenn Mike und Marcus zwecks Showdown nach Mexiko fliegen, und auch optisch versuchen Arbi und Fallah vor allem den Bay-Style zu kopieren. Das machen sie auch ziemlich gut, bauen all die Gegenlichtorgien, Zeitlupenszenen und Kamerafahrten ein, die man vom Original kennt, und doch wird genau dadurch der Unterschied klar: Bay kann das alles noch eine Nummer mitreißender, exzessiver, da er eben er selbst ist und nicht jemand anderen kopiert.
Das merkt man dann auch an den Actionszenen. Die sind größer angelegt als im Erstling, der damals noch sehr auf sein Budget achten musste, und weniger exzessiv als in „Bad Boys II“, als Jerry Bruckheimer auf der Höhe seines Erfolgs die ganz dicken Budgets raushauen konnte – letzterer kostete auch 40 Millionen Dollar mehr als „Bad Boys for Life“ und das noch ohne Berechnung der Inflation. Der dritte Teil serviert das gewohnte Potpourri als rasanten Verfolgungsjagden, derben Shoot-Outs und kleinen Fights, eingefangen in Videoclipoptik und mit spektakulären Stunts garniert. Vor allem eine Verfolgungsjagd mit Autos, Motorrädern und Quads durch Miamis Straßen sorgt für Laune, bei der unter anderem ein M60 aus dem Beiwagen eines Motorrads abgefeuert wird, aber auch sonst weiß die Action zu gefallen. Einziger Wehrmutstropfen: Während die meisten Szenen mit handgemachten Stunts und Autocrashs aufwarten, fällt ein CGI-Helikopter im Finale umso unschöner auf. Dieses könnte etwas spektakulärer ausfallen, denn das konnte Bay: Obwohl der Showdown von „Bad Boys“ wohl kürzer ist und der Bodycount geringer ausfällt, so wirkt er trotzdem irgendwie größer als ausladender als jener von Teil 3.
Gewohnt gut funktioniert dagegen die Komik des Films. Die Bad Boys käbbeln sich und lassen zitatwürdige Oneliner ab, das Singen des Inner-Circle-Songs „Bad Boys“ und die entsprechende Textsicherheit fungieren mal wieder als Running Gag und gerade aus dem Clash der Ermittlungsmethoden zieht „Bad Boys for Life“ seine Komik. Während Mike die Ermittlungen mit der geladenen Knarre in der Hand, dem Fuß auf dem Gaspedal und durch die Einschüchterung von Zeugen angehen will, setzt AMMO auf Computer, Drohnen und Gummigeschosse. Als weiteren Gegenpol gibt es die Spiritualität und Religiosität von Marcus und Captain Howard, die ebenfalls zu Clashs mit Gewaltsucher Mike führen. Auch visuell hat „Bad Boys for Life“ einige gute Witze zu bieten, etwa wenn Marcus‘ Tag zu Hause mit Mikes Action-Polizeiarbeit gegeneinander montiert wird.
Dabei sind die Schauspieler gewohnt gut aufgelegt. Auch nach 17 Jahren Pause erweisen sich Will Smith und Martin Lawrence als famose Bad-Boy-Inkarnationen. Smith ist natürlich sehr auf den Big-Willie-Style bedacht, stellt seine Fitness und Virilität trotz fortgeschrittenen Alters heraus, aber es funktioniert. Vielleicht sogar noch etwas besser als bei Lawrence, der hier den Pensionär gibt, der erst nach und nach wieder zum Actionhelden mutiert. Joe Pantoliano und Therese Randle sind ebenfalls wieder stark in den gewohnten Rollen, während sich die Newcomer unterschiedlich gut schlagen. Paola Nuñez überzeugt als Teamleaderin, die es mit Mike aufnehmen kann, während aus dem AMMO-Team vor allem Alexander Ludwig als Ex-Türsteher und Hacker, der ebenfalls der Gewalt abgeschworen hat, überzeugt. Wenn er im Finale loslegt, dann kann man Actionstarpotential bei ihm erkennen. Vanessa Hudgens ist okay, nervig dagegen Charles Melton als weiteres AMMO-Mitglied: Dass man diesen zum coolen DJ-Cop hochjazzen will, wirkt doch eher bemüht und unfreiwillig komisch. Im Schurkenkabinett trumpft vor allem Kate del Castillo als rachsüchtige Hexe von einer Kartellchefin auf, die eine wahrhaft diabolische Schurkin abgibt. Jacob Scipio als ihr Sohn, ein Killer mit Prinzipien und Kodex, ist okay, aber weniger eindrucksvoll, da der Film ihn eben nicht als abgrundtief böse aufbaut.
Was man freilich merkt: Das Thema Ermittlungsarbeiten wird hier noch kleiner geschrieben als in den Vorgängern. Etwas Spurensuche mit AMMO hier, ein redefreudiger Informant da, das war es. Stattdessen sorgen die Attacken der Schurken für die nötigen Puzzlestücke, die Mike und Marcus auf ihre Spur bringen. Allerdings ist die Sache dieses Mal persönlicher: Mike steht aufgrund seiner Vergangenheit auf der Todesliste des Kartells, weshalb sowohl er als auch seine Kontrahenten sich ihren ganz persönlichen Dämonen stellen müssen. Das ist durchaus interessant, nachdem die Bad Boys in den Vorgängern „nur“ gegen reguläre Dogendealer antraten, ist aber ein weiterer Versuch die Reihe jetzt etwas düsterer und dramatischer aufzuziehen.
Als spätes Sequel funktioniert „Bad Boys for Life“ überraschend gut und setzt sich unerwartet brauchbar mit dem fortgeschrittenen Alter seiner Heroen auseinander. Das Feeling der Vorgänger fehlt allerdings schon ein wenig: Die neuen Regisseure versuchen sich als Bay-Epigonen ohne eigenen Stil und die Neuerungen wirken gelegentlich etwas bemüht, zumal die Story noch weniger auf Ermittlungsarbeit setzt als die Vorgänger. Doch die weitestgehend handgemachte Action rockt, Sprüche und Gags sitzen und die Chemie der Darsteller stimmt ebenfalls – so darf ein Rücksturz in die 1990er gern aussehen. 7,5 Punkte.