Eine Kritik von "Leimbacher-Mario":
Meerjungfrauen küssen Messer
Christian Petzold ist (spätestens) durch „Phoenix“ und „Transit“ zu internationaler Beachtung gekommen, wird mittlerweile zurecht nahezu als Meisterregisseur gefeiert und ist (gerade im Arthousezirkus) jetzt schon einer unserer ganz Großen, die momentan abliefern. Eintragungen in die Criterion Collection sollten für sich und die Ewigkeit sprechen. Das muss man zugeben und respektieren und sich für ihn freuen, selbst wenn seine Filme bisher bei einem (wie mir) noch nicht den ebenso großen Durchbruch zu Herz und Filmgeschmack geschafft haben. Das wirkte mir bisher oft etwas zu theatralisch, verkopft, theoretisch und kühl. Ändert sich das nun mit „Undine“, einer poetischen Lovestory über eine mysteriöse Historikerin und einen Hals über Kopf in sie verliebten Industrietaucher?
Undine (selten auch Undene, französisch ondine „Wassergeist“, „Nixe“) ist ein weiblicher, jungfräulicher Wassergeist. Sie gehört zu den sogenannten halbgöttlichen Elementargeistern. Der Name ist sowohl von althochdeutsch undia (gemeingermanisch unþī, neuhochdeutsch die Unde) als auch lateinisch unda mit der identischen Bedeutung „Welle“ abgeleitet, für die eine gemeinsame indogermanische Wurzel angenommen wird.
Dieser Wiki-Auszug sollte die metaphorische Marschrichtung dieser knackigen Romanze schonmal vorgeben. Etwas hypnotisch, minimale Thriller oder gar Horrorelemente, im Kern aber eine Geschichte über das Loslassen, das Lieben, das Wasser, Vertrauen und die Magie all dieser Dinge. Paula Beer und Franz Rogowski sind sehr unterschiedlich, beide jedoch gnadenlos gute Schauspieler, die alleine mit Details in ihrer Mimik und ihrer gesamten Aura viel dazu beitragen, dass „Undine“ nicht mehr absäuft. Zudem gibt es ein paar wunderschöne Unterwasseraufnahmen, einen sensiblen Pianoscore und Petzold wirkt hier schon ein ganzes Stück spielerischer, leichtfüßiger und zugänglicher als oft zuvor, ohne die Melancholie und den Schwermut der Themen und des Stoffes zu verlieren. All das ist gut, manchmal sogar toll und ich kann verstehen, warum das Feuilleton auch hier selten den Daumen runter gibt. Tue ich ja auch nicht. Doch mich erinnert das Ganze dann doch eher an Theater, etwas aufgesetzt und unnatürlich, fern und kalt, wenig spritzig und mich nie ganz verzaubernd. Gut, aber wohl er eines von Petzolds sekundäreren Werken. Weder Fleisch noch Fisch.
Fazit: The Babe of Water. Kinotheater. Trocken-wässrig. Gute Darsteller. Etwas hölzern. Aber im Grunde des Stausees eine süße, kleine, romantische und (trotz aller fantastischer Symbolik) authentische Liebesgeschichte. Große Wellen gehen allerdings anders. Eine Fingerübung für Petzold.