Eine Kritik von "jororo":
Snyder’s Justice League
Man of Steel und Batman vs Superman: Dawn of Justice waren kommerziell erfolgreich, hatten aber maximal durchwachsene Kritiken. Deshalb war die Skepsis groß, als Zach Snyder den großen Justice League Film in Angriff genommen hat. Danach wurde es noch schlimmer – aus privaten Gründen verließ der Regisseur das Projekt kurz vor Fertigstellung, Avengers-Regisseur Joss Whedon wurde an Bord geholt und drehte den Film quasi neu. Buffy und Angel sind grandios, Avengers war ein guter Film. Justice League ist ein langweiliges, komplett unmotiviertes Desaster, das in keiner Sekunde so etwas wie ein Gefühl für die Charaktere entwickelt. Es fehlt der Unterbau der einführenden Filme, die Marvel geliefert hatte, es fehlte ein Gegner, es fehlte eigentlich alles, was ein Superheldenfilm haben sollte.
Zach Snyder wandte sich irgendwann wieder seinem Material zu und bekam die Erlaubnis, seinen Film doch noch zu machen. Das Ergebnis ist mit vier Stunden zu lang fürs Kino und im Streaming und auf BluRay erschienen – und das genaue Gegenteil des Kinocuts. Der Film ist endlich das, was das DCU von Anfang an hätte sein sollen. Er ist dabei nicht perfekt - ihm fehlen Originfilme für Flash und Aquaman, nicht alle Designs sind gelungen. Das Positive überwiegt aber deutlich. Cyborg steht im Zentrum des Films und wird gut herausgearbeitet. Seine Motivation treibt den Film voran, unterstützt von Batman, dem zweiten zentralen Charakter. Endlich ist Afflecks Batman angekommen und er wirkt wie eine berechtigte Version des Dunklen Ritters. Neuzugang Flash bekommt hier einen emotionalen Unterbau und die Sympathiewerte, die im Kinocut fehlen – ich habe Bock auf einen Solofilm! Sein Humor funktioniert in diesem Setting – eigentlich ist er eine gelungene Variante des unsäglichen Spider-Man aus „Homecoming“. Aquaman war schon im Kinocut ein kleiner Lichtblick, auch hier wirkt Momoas Charme und sein Charakter wird herausgearbeitet, viel bleibt aber für einen kommenden Solofilm offen, der besser vorher erschienen wäre. Wonder Woman profitiert von ihrem Solofilm und fügt sich organisch in das Gesamte ein, man merkt, dass hier keine „Aufbauarbeit“ mehr geleistet werden muss. Superman kommt erst am Ende des zweiten Drittels dazu, er bleibt blass, aber seine Legende scheint durch den ganzen Film zu schimmern. Er ist das Powerhouse des DCU und das merkt man deutlich. Sein Verlust für die Menschheit, aber auch für Lois und Martha geben seiner Rückkehr die nötige erzählerische Wucht. Am Rande taucht auch der Martian Manhunter (Konstante in der Comicgeschichte der Liga - ihn zu streichen war für mich die schlimmste vieler falscher Entscheidungen im Kinocut) auf, das Green Lantern Corps wird erwähnt, im Epilog sehen wir Deathstroke und den Joker (Letos Joker in brauchbar).
Steppenwolf im Kino war ein schlechter Witz ohne Pointe. Hier glaubt man ihm, dass er mit den Amazonen und halb Atlantis den Boden aufwischt. Er wird als mächtig gezeichnet (im doppelten Sinne. Auch das Design wurde angepasst), trotzdem steht da im Hintergrund immer noch Darkseid als eigentliche Bedrohung, wodurch Steppenwolfs Taten noch gefährlicher wirken. Er kann fünf der größten Helden der Welt allein in Schach halten, wie mächtig ist da erst sein Meister? Mit Desaad und Darkseid selbst in Kurzauftritten bleibt das hier auch nicht diffus sondern wirkt greifbar.
Die Action ist natürlich wuchtig, wirkt hier aber so, als gäbe es tatsächlich etwas zu verlieren, anders als im Kino. Die Gefahr ist groß und man interessiert sich für die Helden, egal, ob sie gegen Steppenwolf oder einen noch verwirrten Superman kämpfen. Im Finale geht dann auch ausnahmsweise mal keine Stadt zu Bruch, wofür ich dankbar bin. Die Epiloge bieten dann noch mal zwei Schläge ins Gesicht und einen Wowmoment, beides macht so viel Lust auf mehr, das nicht mehr kommen wird, da Snyder ja wohl geschasst wurde, leider.
Der beste DC-Film seit Dark Knight Rises und endlich ein DCU-Film, wie man ihn sich wünscht. Man of Steel war 100 Minuten lang toll und riss dann viel mit dem katastrophalen Tabubruch am Ende wieder ein. Batman vs Superman war eine Katastrophe, die einfach alles an die Wand warf, ohne eine Struktur in den Film zu kriegen. Wonder Woman war okay bis gut, Suicide Squad hatte seine Momente, krankte aber an einer zu konfusen Story, einem komplett falsch angelegten Joker (hier bekommen wir ihn in gut!) und einer eigentlich gelungenen Heldin, die aber nicht Harley Quinn heißen sollte.
Hier entfaltet das DCU das erste Mal sein Potential – und wie. Der gleiche Name, die gleichen Darsteller, die gleiche Story und trotzdem dem Kinocut in jeder Hinsicht unendlich überlegen. Leider werden wir wohl keine Fortsetzung kriegen und die Versprechungen am Ende werden nicht eingelöst werden. *seufz*