Eine Kritik von "Herr Kees":
Yes, maybe, but…
Jordan Peele hat seine überschätzte Rassismussatire GET OUT mit einem trashigen B-Movie-Twist verhunzt, mit seiner TWILIGHT ZONE Neuauflage gespannte Genrefans eingeschläfert und mit US eine gruselige Parabel auf das gespaltene Amerika geschaffen, bei der er sich sich aber auch eine unsinnige pseudoverschwörerische Auflösung nicht verkneifen konnte. Nun also sein lang erwarteter nächster Streich mit dem kryptischen Titel NOPE.
Das Mysterium ist Programm bei Peele und wie bei seinen Filmen steckt auch hier nicht viel dahinter. Der Ausspruch „Nope“ markiert die wenigen offen humoristischen Szenen des Films, etwa, wenn einer der Protagonisten anlässlich einer Bedrohung beschließt, das Auto jetzt dann doch eher NICHT zu verlassen. Der Film hätte genausogut LUCKY oder GHOST oder JEAN JACKET heißen können – Namen der Pferde im Film und gleichzeitig Zwischentitel.
Doch wie schon bei den Vorgängerwerken wird es auch hier jede Menge Rezensenten geben, die eine Menge in den Film hineingeheimnissen (siehe hierzu beispielsweise https://www.looper.com/935809/small-details-you-missed-in-nope/), Peele ist schlau genug, zahlreiche Anspielungen zu streuen und Andeutungen zu machen, die ähnlich endlose Interpretationsmöglichkeiten eröffnen wie bei STRANGER THINGS und anderen popkulturellen Phänomenen. Ein Genie wird Jordan Peele dadurch nicht, er ist nicht einmal ein besonders guter Filmemacher, ein interessanter aber unbedingt, weshalb auch NOPE sich wieder lohnt, am besten im Kino, am besten mit großer Leinwand, am besten weit vorne.Denn NOPEs Stärken liegen eindeutig im Visuellen.
Hoyte Van Hoytema, der als Kameramann bildgewaltige Werke wie INTERSTELLAR, TENET, AD ASTRA oder HER verantwortete, macht die Landschaft, den Himmel, die Tiere und Blicke in NOPE zu absoluten Hinguckern, Teile des Films wurden mit IMAX Kameras gedreht, wovon man in einem gewöhnlichen Kinosaal leider nicht viel mitbekommt, aber man kann es sich vorstellen.
So stark die Visuals und die Spezialeffekte sind, das eine oder andere Mal kommt man sich von Peele etwas betrogen vor, denn einige Bilder scheinen einzig für den Trailer geschossen, machen sie im Film doch kaum Sinn beziehungsweise haben keinerlei Handlungsbezug. So nimmt beispielsweise der verspiegelte Motorradhelm zwar ein bereits verwendetes Bildmotiv auf, füllt dieses aber nicht mit Bedeutung und ist im Film zudem in keinster Weise motiviert. Auch die entstellte Frau mit dem Schleier aus dem Trailer weckt völlig falsche Erwartungen. Ein vermeintlicher Spoiler im Trailer hingegen erweist sich als Trugschluss. Ein Nebenstrang, aus dem der Film hauptsächlich seine wenigen Horror-Elemente bezieht, ließe sich zudem komplett rückstandslos aus dem 130-minütigen Film schneiden, ohne dass dessen Handlung darunter leiden würde.
Inhaltlich ist Jordan Peeles Drittwerk denn auch deutlich weniger fesselnd als optisch. Schon die Prämisse ist schlichtweg schwach: Ein eigentlich nicht dummes Geschwisterpaar und ein Elektroniknerd wollen ein UFO-Foto schießen, um damit Bekanntheit und Reichtum auf „Oprah“-Level zu erlangen. D'oh. So läuft anfangs eine Art mild amüsante Slacker-Indiekomödie mit vereinzelten SciFi-Einschüben über die Leinwand. Mit einem dezenten, aber entscheidenden Twist kommen dann noch einige Actionelemente à la TWISTER hinzu und in seiner zweiten Hälfte kopiert der Film dann fast überdeutlich die Struktur und Konstellation von Spielbergs JAWS – allerdings ohne dessen Thrill.
Überhaupt kommt die Spannung in NOPE etwas kurz, Peele interessiert sich eben mehr dafür, einen „besonderen“ Film abzuliefern, der nicht nur Genregrenzen überschreitet, sondern auch gleich noch einen kritischen Metakommentar zur Spektakelgesellschaft Hollywoods und zum Umgang des Menschen mit der Natur abgibt. Dabei versucht er zuviel und erreicht zu wenig.
Was von NOPE in Erinnerung bleiben wird, sind lediglich seine Bilder.