Eine Kritik von "Herr Kees":
Ein Road Movie braucht Bewegung und Bewegung braucht Motivation. Maren hat guten Grund, in Bewegung zu bleiben, denn Maren ist ein „Eater“. Sie hat ein Verlangen nach Menschenfleisch und dieses Verlangen hat sie immer weniger unter Kontrolle. Auf der Suche nach ihrer Mutter reist sie quer durch Amerika, um mehr über ihre eigene Geschichte zu erfahren.
Ist das nun Arthouse-Horror oder doch eher Young-Adult-Fantasyromantik? Der Grat, auf dem Luca Guadagnino mit seinem Film wandelt, ist schmal und er bewegt sich zwischen Indie-Roadmovie und Kannibalenkitsch.
Das erwachende „fleischliche Verlangen“ lässt sich klar als sexuelle Coming-of-Age-Geschichte lesen, die Erotik bleibt jedoch hier weitgehend so verzagt und platonisch wie in der TWILIGHT Reihe. Lediglich Mark Rylance bringt als psychopathischer Menschenfresser eine unberechenbare sexuelle Komponente in den Film, doch hat man bei seinen Auftritten ständig das Gefühl eines Filmrollenwechsels, seine Figur wirkt, als sei sie einem Stephen King-Roman entsprungen und hätte hier eigentlich gar nichts zu suchen. Solch holprige Stimmungswechsel und Fremdkörper-Figuren schadeten bereits Guadagninos SUSPIRIA Remake.
Sicher orientiert sich BONES AND ALL an seiner literarischen Vorlage, entwickelt jedoch viel zu wenig Eigenes aus seiner Prämisse: Der Horroraspekt interessiert den Regisseur nicht wirklich, die meisten Goreszenen sind sehr dezent oder finden gleich Offscreen statt, wodurch der Film leider Intensität vermissen lässt – erst im Finale wird es mal wirklich spannend. Auch das zehrende Verlangen, das schon aus manchem Vampirfilm eine gelungene Junkie-Allegorie werden ließ, wird hier nie wirklich ausgespielt.
So bleibt ein Roadmovie mit schönen Bildern und zärtlicher (!) Gitarrenmusik von Trent „Nine Inch Nails“ Reznor (!), mit einem ungleichen tragischen Liebespaar und einigen Genre-Untertönen, interessant eher für die Arthousecrowd, die nächste TWILIGHT-Generation und Chalamet-Fans als für Horrorfilmfreunde.